[Lesenacht] Büchertreff August 2015

logo_büchertreff.deJeden ersten Samstag Abend im Monat ist es soweit – die Büchertreff-Lesenacht. Immer um 20 Uhr treffen sich lesebegeisterte Büchertreffler im Forum und lesen gemeinsam ihre Bücher und tauschen sich untereinander aus.
Für mich ist dies mittlerweile schon eine lieb gewonnene Institution, die ich mir nicht entgehen lasse, so auch diesen Abend. Die gesamte Woche habe ich schon überlegt, welches Buch ich lesen soll. Soll ich ein begonnenes weiter lesen oder doch ein neues speziell für die Lesenacht beginne.  Und habe mich für dieses hier entschieden:
978-3-426-51206-7_Druck
Klappentext von der Verlagsseite:

November 1989. »Willkommen in Westberlin«, dröhnt es aus einem Lautsprecher, als die Ostberliner Studentin Alex­andra von der Menschenmenge in die Arme eines jungen Mannes gedrängt wird. Liebe auf den ersten Blick!
Berlin vor dem Ersten Weltkrieg. Die junge und mutige Paula setzt sich leidenschaftlich für Frauen- und Arbeiterrechte ein. Ihre Träume von einer neuen, gerechteren Welt teilt sie mit dem charismatischen Studentenführer Clemens, mit dem sie Seite an Seite kämpft.
Damals, als sie unsterblich waren, beginnt ihre dramatische Geschichte, die auch die Geschichte unseres Landes ist und die Jahrzehnte später Alexandras Welt für immer verändern wird.

Heute Abend werde ich dann auch immer etwas zum Buch hier schreiben und euch meine Eindrücke vermitteln. Auch darüber, ob ich wieder Bücher für meine Wunschliste gefunden habe, denn dies war bisher bei fast jeder Lesenacht der Fall. Wir lesen uns also heute Abend wieder! Bis dann!

20.10 Uhr

Jetzt steht alles bereit: Getränke (Ginger Ale, Tee, Wasser), dann noch Schoko-Cookies und Cranberry-Cookies sowie Gummibärchen.
Ich habe bisher nur gutes von dem Buch gehört. Außerdem bin ich schon gespannt auf die beiden Zeitebenen und welche mir besser gefällt. An den November 1989 habe ich noch einige Erinnerungen: der Mauerfall, die Demonstrationen vorher, die Öffnung der Grenzen in Ungarn, Genschers Rede in Prag. Mal sehen, was ich davon wieder entdecken werde und auf die spannende Zeit vor dem Ersten Weltkrieg bin ich auch gespannt. Die Epoche interessiert mich sehr.

21.34 Uhr

Die ersten beiden Kapitel sind gelesen und es geht langsam los. Es ist der 9. November und Schabowski hat gerade die uneingeschränkte Reisefreiheit verkündet. Alexandra, die bei ihrer 93-jährigen Oma lebt, ist von der Situation erschrocken, denn sie ist eh ein sehr ängstlicher Mensch. Was vielleicht auch an ihrer Oma liegen mag, die früher scheinbar schlimmes erlebt hat. Dennoch geht Alexandra mit ihrer Freundin Meike, die eigentlich ihren Freund Hugo sucht, zum Grenzübergang Bornholmer Straße. In der Masse verlieren sie sich aus den Augen und Alexandra lernt Oliver kennen. Drei Tage sind sie nun zusammen und wohnen in Wedding.
Mal sehen, wann sie wieder nach Ostberlin geht zu ihrer Momi.

Der Schreibstil ist sehr schön. Allerdings ist mir Alex auf der einen Seite zu unsicher und dann geht sie einfach mit einem Fremden mit. Das passt für mich irgendwie nicht zusammen.

22.08 Uhr

Noch ein kurzes Update bevor ich zu Paulas Teil komme.

Alex ist seit drei Wochen bei Oliver in Wedding. Sie hat sich gut eingelebt und es gefällt ihr. Ihre Momi macht sich Sorgen so erfährt sie, als sie endlich mit Meike telefoniert. Irgendwie kann ich Alex nicht verstehen: In der DDR verängstigt und schüchten und kaum im Westen wie ausgewechselt. Sehr starker Umschwung. Jedenfalls bringt sie Meike dazu, dass diese mit Momi redet. Meike ist eingeschnappt und geht mir auch etwas auf den Keks, aber es ist mindestens auch ein stückweit nachzuvollziehen, denn mit einem hatte Momi im Hinblick auf Hugo recht.
Alex lernt auch Olivers Eltern kennen und sie sind wirklich furchtbar. Himmel was für eine Familie. Schließlich fahren Alex und Oliver zu Momi. Aber das Wiedershen ist nicht so, wie Alex es sich erhofft hat.

Und nun weiter lesen und Paula im Jahr 1912 kennen lernen.

23.32 Uhr

Das erste Paula-Kapitel ist gelesen und nun ist es wirklich gut. In dem Kapitel passt alles die Charaktere und die Stimmung. Paula ist auch schön dargestellt und ich kann ihre Stimmung nachvollziehen. Erlebt habe ich mit ihr und ihren Freunden den letzten Sommertag am Wannsee im Jahr 1912. Clemens, der Freund ihres Bruders Manfred, ist beri den Sozis eingetreten und hilft auch direkt einer Frau am Kiosk. Die vom Kioskbesitzer aufgrund vom Geldmangel dumm angemacht wurde.
Paula ist vier Jahre jünger und wird bald 16. Außerdem ist sie eifersüchtig auf Clivia, die sich an Clemens klammert. Mein erster Eindruck von Cliva ist, dass sie eine verwöhnte, reiche Plage ist und nicht gerade viel Substanz hat. Sie sind zwar alle Kinder aus reichem Haus, aber nur sie kommt mir so vor.

00.47 Uhr

Ich habe mal meinen Standort gewechselt. Nach dem eben mal wieder das Internet vom Lappi gestreikt hat, funktioniert es jetzt wieder und ich kann wieder bloggen. Gelesen habe ich in der Zeit natürlich nicht, denn erst musste alles mal wieder richtig funzen. Zur Stärkung gibt es jetzt eine Tasse Heiße Schokolade in meiner wunderschönen Lesenacht-Tasse:

Lesenacht_Tasse_Literatur

Und nun geht es weiter mit dem Buch!

01.42 Uhr

Es ist Winter 1912 und Paula erfährt von ihrem Vater, dass sie die Schule verlassen muss, weil sie kein Geld mehr haben. Es steht wirklich schlimm um die Bevölkerung, die Preise schnellen in die Höhe, die Kohlearbeiter streiken und für Paula bricht eine Welt zusammen, denn sie wollte unbedingt studieren, wie ihr Bruder Manfred. An jenem Abend ist sie enttäuscht und hadert mit ihrem Vater, der “nur” der Sohn eines Drechslers war, bis er zur Zeitung ging. Erst Clemens, der sehr aktiv bei den Sozis ist, öffnet ihr die Augen und macht ihr deutlich, dass sie stolz auf ihren Vater sein soll, da er sich hochgearbeitet hat und nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurde.
Charlotte Roth beschreibt sehr gut, die Geschehnisse in Moabit mit den Reden Bebels, den Streik der Kohlearbeiter für mehr Lohn und auch das Eingreifen der Polizei. Ich hatte direkt das Gefühl mit Paula durch das nächtliche Moabit zu gehen und das Geschehene zu erleben.

Eins habe ich zu Beginn ganz vergessen, die Gestaltung des Covers ist wirklich toll. Nicht nur die Frau vor den Kulissen Berlins, sondern auch der Einband vorne und hinten jeweils mit Berlin 1915 und Berlin 1989. Ebenso hat sie als Motto einen Auszug aus Bertolt Brechts “Einheitsfrontlied” genommen, die wechselnden Teile von Alexandra und Paula haben auch jeweils einen Auszug voran stehen. Bei Alexandra sind es Zeilen aus Wolf Biermanns “Ermutigung” und bei Paula sind es Auzüge aus Bertolt Brechts Werken. Richtig genial gemacht und auch passend zu den beiden Epochen. Ein schönes Buch bisher und der Paula-Teil gefällt mir bisher besser als der Alexandra-Teil. Irgendwie habe ich auch das Gefühl, dass ihr der Teil um Paula und die historischen Hintergründe mehr liegen, als Alexandras Geschichte.

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[WoW] Waiting on Wednesday – Die dunkle Straße

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“Waiting on Wednesday” wird von Jill gehostet! Ich liebe es ja in der Literatur über den Tellerrand hinauszuschauen und auch Literatur aus anderen Ländern und mir unbekannten Autoren zu lesen. So bin ich beim Durchschauen von Verlagsseiten bei Rowohlt mal wieder fündig geworden. Da ich auch ein kleine Leidenschaft für Asien habe, meistens ist es japanische Literatur, freue ich mich immer wieder, wenn ich etwas neues entdecke. Dieses Mal ist es der chinesische Schriftsteller Ma Jian und sein Roman über einfache Menschen in China, der mich angesprochen hat. “Die dunkle Straße” erscheint am 31. Juli, ja es ist nun wahrlich nicht mehr lange, im Hardcover für 24,95 € und hat 496 Seiten. Übersetzt wurde er von Susanne Höbel.

978-3-498-03239-5_diedunklestrasse_majian

Klappentext von der Verlagsseite:

Ein bewegender Roman über das Leben der einfachen Menschen im China von heute.

Weit entfernt vom chinesischen Wirtschaftswunder und den hellen Lichtern von Peking und Shanghai liegt ein riesiges ländliches Hinterland, das die brachialen Folgen von Industrialisierung und Ökonomisierung zu tragen hat.
Dort leben die Bäuerin Meili und ihr Mann Kongzi, ein Nachkomme von Konfuzius in der sechsundsiebzigsten Generation. Die beiden wollen neben ihrem ersten Kind, einem Mädchen, einen Sohn, um das Erbe fortzusetzen. Da Ihnen die Behörden, die für alle die Ein-Kind-Ehe vorschreiben, mit Zwangssterilisation drohen, fliehen sie. Auf dem Jangtse, einem letzten Hort staatlicher Unorganisiertheit und mithin gewisser Freiheiten, führen sie ein illegales Tagelöhner- und Flussnomadenleben. Jahrelang schlagen sie sich auf vergifteten Gewässern und in ruinierten Landschaften durch, bevor sie schließlich auf einem Müllplatz für die Ausschlachtung westlichen Elektronikschrotts landen…
Bei Ma Jian stehen die einfachen Menschen im Vordergrund und ihre dramatischen Schicksale im Zuge eines gewaltigen politischen Umbruchs. Sein erschütternder Roman über ihr Leben ist Geschichte von unten; es ist auch die Geschichte des Jangtse, seiner ökologischen Krisen durch Staudammbau und Begradigung; es ist die Geschichte der chinesischen Industrialisierung und des Preises, den die Menschen dafür zu zahlen haben – ein ungeschminktes, schockierendes Porträt von China im Wandel.

 

 

 

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[WoW] Waiting on Wednesday – Das geheime Leben der Violent Grant

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“Waiting on Wednesday” wird von Jill gehostet! Familiensagas lese ich sehr gerne und wenn sie dann auch noch in zwei verschiedenen Zeitebenen spielen, bin ich hin und weg. Beatriz Williams hat mit “Das geheime Leben der Violet Grant” so einen Roman geschrieben. Darauf freue ich mich besonders und bis zum 11. Mai ist es ja nun auch nicht mehr soweit. Denn dann werde ich das 576 Seiten starke Buch, welches als Klappenbroschur erscheint in den Händen halten und mit 14,99 € auch eindeutig vertretbar. Nun bin ich gespannte auf die Reise ins Jahr 1964 und zurück im Jahr zu Beginn des ersten Weltkriegs.Das geheime Leben der Violet Grant von Beatriz Williams

 

Klappentext von der Verlagsseite:

Erfrischend anders: Beatriz Williams erfindet die Saga neu!

Manhattan, 1964. Vivan Schuyler hat das Undenkbare getan: Sie hat dem glamourösen Upperclass-Leben ihrer Familie den Rücken gekehrt, um Karriere als Journalistin zu machen. Als sie herausfindet, dass sie eine skandalumwitterte Großtante hat, ist ihr Spürsinn geweckt …

Berlin, 1914. Die junge Physikerin Violet erträgt ihre Ehe mit dem älteren Professor Grant nur, um ihren Forschungen nachgehen zu können. Doch plötzlich bricht der Erste Weltkrieg aus – und ein geheimnisvoller Besucher stellt Violet vor eine Entscheidung mit dramatischen Folgen.

 

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[Buchbesprechung] Judith Merchant – Die Lügen jener Nacht

dielügenjenernachtKlappentext von der Verlagsseite:

Als sie zur Hochzeit ihrer Studienfreundin geladen wird, ist Mimi zunächst skeptisch – hat sie doch den Kontakt lange sträflich vernachlässigt. Doch unerwartet herzlich wird sie im alten Bonner Freundinnenkreis aufgenommen, und spätestens nach der Junggesellinnenparty im nächtlichen Römerbad ist es, als sei sie nie fortgewesen. Am Hochzeitsmorgen aber bringt ein entsetzlicher Todesfall alles ins Wanken. Misstrauen kriecht in die eingeschworene Gruppe, und langsam beschleicht Mimi ein furchtbarer Verdacht: Hat man sie nur zur Hochzeit eingeladen, um ihr einen Mord in die Schuhe zu schieben?

Autoreninfo von der Verlagsseite:

Judith Merchant studierte Literaturwissenschaft und unterrichtet heute an der Bonner Universität Creative Writing. Für ihre Kurzgeschichten wurde sie zweimal mit dem Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnet. Mit „Nibelungenmord“ und „Loreley singt nicht mehr“ startete sehr erfolgreich ihre Krimireihe um Jan Seidel, die demnächst fortgesetzt wird. „Die Lügen jener Nacht“ ist Judith Merchants erster psychologischer Spannungsroman.

Erster Satz:

“George Clooney!”

Aufbau:

“Die Lügen jener Nacht” umfasst 448 Seiten, die aufgeteilt sind in 15 Kapitel, die ersten beiden sind betitelt mit “Junggesellinnenabschied” und “Zwei Wochen davor”, die nachfolgenden 13 Kapitel sind dann jeweils mit “Tag 1” usw. betitelt. Außerdem gibt es noch ein Dankeswort der Autorin.

Inhalt:

Mimi wird von ihrem Freund in Schottland verlassen und nun steht sie ohne Bleibe da. Der Anruf einer alten Kommilitonin, die sie zur Hochzeit einlädt, kommt ihr gerade Recht. Aber sie ist auch von Zweifeln geplagt, will sie da wirklich hin und wieso gerade jetzt. Denn jahrelang haben sie sich nicht mehr gesehen. Sie fliegt wieder nach Deutschland und so langsam kommt sie wieder in ihrem alten Leben an. Ihre Freunde haben sich verändert und als der Bräutigam stirbt, überlegt sie ob die Einladung nur Berechnung war…

Meinung:

Das Cover von “Die Lügen jener Nacht” geschrieben von Judith Merchant hat mich direkt angesprochen. Dieses blau und dann die Frau im roten Kleid, die im Wasser treibt. Ein echter Hingucker.
Der Klappentext sprach mich auch direkt an und dann las ich den ersten Satz. Hmmh, etwa doch ein Frauenroman und erste Zweifel zogen auf. Aber egal, einfach mal weiter lesen, vielleicht steckt doch mehr dahinter, als du denkst. Und genauso war es dann auch. Der erste Satz hatte mich nur getäuscht, mich erwartete kein reiner Frauenroman mit Liebe und Kitsch, sondern eine spannende und teilweise auch irritierende Erzählung über die junge Mimi und ihre Freundinnen, die sie jahrelang nicht mehr gesehen hat. Dann diese Hochzeitseinladung, die mir im Laufe der gesamten Handlung auch immer mehr zu denken gab. Ist das alles nur ein geschicktes Manöver von Simone, der Macherin und Bestimmerin, und Grit, die willig wie ein gut dressierter Labrador alles mit macht? Denn so manches war merkwürdig nicht nur die beiden Freundinnen und auch Alla, die irgendetwas zu verheimlichen hat, sondern auch die Tatsache, dass Mimi sich nicht mehr so richtig an ihre Freundinnen erinnern kann. Erinnern an früher, Erinnern an Studentenzeiten fällt ihr unheimlich schwer. Was war damals? Diese Frage stellte ich mir immer wieder, um auch nicht völlig durcheinander zu kommen. Denn alles wurde aus Mimis Perspektive geschildert und bei Mimi war ich mir manchmal echt nicht sicher, ob sie träumt, spinnt oder es doch fiktionale Realität ist was da passiert. So irritiert wie Mimi war auch ich im Laufe des Geschehens und einzig Nina, die Braut war mir sympathisch, auch wenn sie eine kleine Rolle im großen Ganzen nur spielte.
Erst im Zuge des Mordes wird die Handlung spannender und aus dem befürchteten Frauenroman, wird ein Spannungsroman mit starkem psychologischen Touch. Wie auch Mimi begann ich alles zu hinterfragen nicht nur die Begebenheiten, sondern auch die Art und Weise wie ihre Freundinnen handelten. Immer öfter stellte ich mir die Frage, wer spielt falsch und ich tappte auch noch lange Zeit im Dunkeln. Die Motive eines jeden Einzelnen werden mit der Zeit deutlicher und so bald man eine Vermutung hat, wie oder wer es gewesen sein könnte, kommt wieder etwas anderes.
Judith Merchant hat es geschafft bis zum Schluss die Spannung aufrecht zu erhalten und dann doch etwas abrupt zum Ende zu kommen. Gerade das Ende hat mich irritiert und war wieder etwas gewöhnungsbedürftig. Allerdings wird gerade mit dem Ende deutlich, wieso Mimi so ist wie sie ist.

Fazit

“Die Lügen jener Nacht” von Judith Merchant ist eine Mischung aus Frauenroman, psychologischen Spannungsroman gewürzt mit schwarzem Humor und einer Handlung, bei der man als Leser dran bleiben muss.

Buchinfo:
Judith Merchant – Die Lügen jener Nacht
Quality Paperback 448  Seiten
Droemer Knaur 2014
ISBN-13: 978-3-426-51627-0
Preis: 14,99 €

Bewertung:

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