Jeden ersten Samstag Abend im Monat ist es soweit – die Büchertreff-Lesenacht. Immer um 20 Uhr treffen sich lesebegeisterte Büchertreffler im Forum und lesen gemeinsam ihre Bücher und tauschen sich untereinander aus.
Für mich ist dies mittlerweile schon eine lieb gewonnene Institution, die ich mir nicht entgehen lasse, so auch diesen Abend. Die gesamte Woche habe ich schon überlegt, welches Buch ich lesen soll. Soll ich ein begonnenes weiter lesen oder doch ein neues speziell für die Lesenacht beginne. Und habe mich für dieses hier entschieden:
Klappentext von der Verlagsseite:
November 1989. »Willkommen in Westberlin«, dröhnt es aus einem Lautsprecher, als die Ostberliner Studentin Alexandra von der Menschenmenge in die Arme eines jungen Mannes gedrängt wird. Liebe auf den ersten Blick!
Berlin vor dem Ersten Weltkrieg. Die junge und mutige Paula setzt sich leidenschaftlich für Frauen- und Arbeiterrechte ein. Ihre Träume von einer neuen, gerechteren Welt teilt sie mit dem charismatischen Studentenführer Clemens, mit dem sie Seite an Seite kämpft.
Damals, als sie unsterblich waren, beginnt ihre dramatische Geschichte, die auch die Geschichte unseres Landes ist und die Jahrzehnte später Alexandras Welt für immer verändern wird.
Heute Abend werde ich dann auch immer etwas zum Buch hier schreiben und euch meine Eindrücke vermitteln. Auch darüber, ob ich wieder Bücher für meine Wunschliste gefunden habe, denn dies war bisher bei fast jeder Lesenacht der Fall. Wir lesen uns also heute Abend wieder! Bis dann!
20.10 Uhr
Jetzt steht alles bereit: Getränke (Ginger Ale, Tee, Wasser), dann noch Schoko-Cookies und Cranberry-Cookies sowie Gummibärchen.
Ich habe bisher nur gutes von dem Buch gehört. Außerdem bin ich schon gespannt auf die beiden Zeitebenen und welche mir besser gefällt. An den November 1989 habe ich noch einige Erinnerungen: der Mauerfall, die Demonstrationen vorher, die Öffnung der Grenzen in Ungarn, Genschers Rede in Prag. Mal sehen, was ich davon wieder entdecken werde und auf die spannende Zeit vor dem Ersten Weltkrieg bin ich auch gespannt. Die Epoche interessiert mich sehr.
21.34 Uhr
Die ersten beiden Kapitel sind gelesen und es geht langsam los. Es ist der 9. November und Schabowski hat gerade die uneingeschränkte Reisefreiheit verkündet. Alexandra, die bei ihrer 93-jährigen Oma lebt, ist von der Situation erschrocken, denn sie ist eh ein sehr ängstlicher Mensch. Was vielleicht auch an ihrer Oma liegen mag, die früher scheinbar schlimmes erlebt hat. Dennoch geht Alexandra mit ihrer Freundin Meike, die eigentlich ihren Freund Hugo sucht, zum Grenzübergang Bornholmer Straße. In der Masse verlieren sie sich aus den Augen und Alexandra lernt Oliver kennen. Drei Tage sind sie nun zusammen und wohnen in Wedding.
Mal sehen, wann sie wieder nach Ostberlin geht zu ihrer Momi.
Der Schreibstil ist sehr schön. Allerdings ist mir Alex auf der einen Seite zu unsicher und dann geht sie einfach mit einem Fremden mit. Das passt für mich irgendwie nicht zusammen.
22.08 Uhr
Noch ein kurzes Update bevor ich zu Paulas Teil komme.
Alex ist seit drei Wochen bei Oliver in Wedding. Sie hat sich gut eingelebt und es gefällt ihr. Ihre Momi macht sich Sorgen so erfährt sie, als sie endlich mit Meike telefoniert. Irgendwie kann ich Alex nicht verstehen: In der DDR verängstigt und schüchten und kaum im Westen wie ausgewechselt. Sehr starker Umschwung. Jedenfalls bringt sie Meike dazu, dass diese mit Momi redet. Meike ist eingeschnappt und geht mir auch etwas auf den Keks, aber es ist mindestens auch ein stückweit nachzuvollziehen, denn mit einem hatte Momi im Hinblick auf Hugo recht.
Alex lernt auch Olivers Eltern kennen und sie sind wirklich furchtbar. Himmel was für eine Familie. Schließlich fahren Alex und Oliver zu Momi. Aber das Wiedershen ist nicht so, wie Alex es sich erhofft hat.
Und nun weiter lesen und Paula im Jahr 1912 kennen lernen.
23.32 Uhr
Das erste Paula-Kapitel ist gelesen und nun ist es wirklich gut. In dem Kapitel passt alles die Charaktere und die Stimmung. Paula ist auch schön dargestellt und ich kann ihre Stimmung nachvollziehen. Erlebt habe ich mit ihr und ihren Freunden den letzten Sommertag am Wannsee im Jahr 1912. Clemens, der Freund ihres Bruders Manfred, ist beri den Sozis eingetreten und hilft auch direkt einer Frau am Kiosk. Die vom Kioskbesitzer aufgrund vom Geldmangel dumm angemacht wurde.
Paula ist vier Jahre jünger und wird bald 16. Außerdem ist sie eifersüchtig auf Clivia, die sich an Clemens klammert. Mein erster Eindruck von Cliva ist, dass sie eine verwöhnte, reiche Plage ist und nicht gerade viel Substanz hat. Sie sind zwar alle Kinder aus reichem Haus, aber nur sie kommt mir so vor.
00.47 Uhr
Ich habe mal meinen Standort gewechselt. Nach dem eben mal wieder das Internet vom Lappi gestreikt hat, funktioniert es jetzt wieder und ich kann wieder bloggen. Gelesen habe ich in der Zeit natürlich nicht, denn erst musste alles mal wieder richtig funzen. Zur Stärkung gibt es jetzt eine Tasse Heiße Schokolade in meiner wunderschönen Lesenacht-Tasse:
Und nun geht es weiter mit dem Buch!
01.42 Uhr
Es ist Winter 1912 und Paula erfährt von ihrem Vater, dass sie die Schule verlassen muss, weil sie kein Geld mehr haben. Es steht wirklich schlimm um die Bevölkerung, die Preise schnellen in die Höhe, die Kohlearbeiter streiken und für Paula bricht eine Welt zusammen, denn sie wollte unbedingt studieren, wie ihr Bruder Manfred. An jenem Abend ist sie enttäuscht und hadert mit ihrem Vater, der “nur” der Sohn eines Drechslers war, bis er zur Zeitung ging. Erst Clemens, der sehr aktiv bei den Sozis ist, öffnet ihr die Augen und macht ihr deutlich, dass sie stolz auf ihren Vater sein soll, da er sich hochgearbeitet hat und nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurde.
Charlotte Roth beschreibt sehr gut, die Geschehnisse in Moabit mit den Reden Bebels, den Streik der Kohlearbeiter für mehr Lohn und auch das Eingreifen der Polizei. Ich hatte direkt das Gefühl mit Paula durch das nächtliche Moabit zu gehen und das Geschehene zu erleben.
Eins habe ich zu Beginn ganz vergessen, die Gestaltung des Covers ist wirklich toll. Nicht nur die Frau vor den Kulissen Berlins, sondern auch der Einband vorne und hinten jeweils mit Berlin 1915 und Berlin 1989. Ebenso hat sie als Motto einen Auszug aus Bertolt Brechts “Einheitsfrontlied” genommen, die wechselnden Teile von Alexandra und Paula haben auch jeweils einen Auszug voran stehen. Bei Alexandra sind es Zeilen aus Wolf Biermanns “Ermutigung” und bei Paula sind es Auzüge aus Bertolt Brechts Werken. Richtig genial gemacht und auch passend zu den beiden Epochen. Ein schönes Buch bisher und der Paula-Teil gefällt mir bisher besser als der Alexandra-Teil. Irgendwie habe ich auch das Gefühl, dass ihr der Teil um Paula und die historischen Hintergründe mehr liegen, als Alexandras Geschichte.
Loading Likes...