Wörterkatze liest … – Nikolaikirche #3

Hier ist nun  der dritte Teil der  “Nikolaikirche” von Erich Loest. Dieses Mal gab es einiges an Rückblicken.

9783423124485

Klappentext von der Verlagsseite:
Ein Leipziger Familie zu DDR Zeiten

>Auf alles war die Staatsmacht vorbereitet, nur nicht auf Widerstand mit Gebeten und Kerzen. Von den Friedensgebeten in der Leipziger Nikolaikirche aus wuchs der Wille zur Freiheit. Frauen und Männer der Kirchengruppen, Pfarrer und Geheimdienstleute sind die Figuren dieses Romans. Weit in die Vorgeschichte greift die Handlung, denn was an diesem 9. Oktober 1989 geschah, hat seine Wurzeln in den vergangenen Jahrzehnten . . .

Teufelskreis

Wieder einmal passt der Titel des Kapitels genau zum Inhalt. Zunächst erfahren wir, dass Bornowski scheinbar die Zeit im Gefängnis überstanden hat und wieder im Westen weilt. Allerdings hat er einen noch größeren Hass auf das SED-Regime entwickelt als früher. Er beschließt noch einmal in die DDR zu reisen, aber sein Chefredakteur will dies nicht. Denn er befürchtet, dass Bornowski zu Konfrontationen führen wird.
Loest kritisiert deutlich in dem Bornowski Part wie sehr sich die Bundesrepublik mit der DDR arrangiert hat. Politiker fliegen einfach mal so rüber und es gibt Wirtschaftsabkommen,  und es darf ja kein Aufsehen gemacht, auch nicht im Westen darüber. “Kalter Krieg” war einmal, so auch der Chefredakteur. Für Bornowski ist dies nur schwierig zu verdauen, wer kann es ihm verdenken, eingesperrt in Bautzen. Dennoch will er noch mal in die Zone, tja weshalb eigentlich? Die Frage stelle ich mir auch. Will er abrechnen mit den Leuten von damals? Will er Mutter Bacher wieder treffen? Mal sehen.
Jedenfalls gab es auch in diesem knappen Teil wieder einiges an Recherche Material. Zume einen bezieht sich Bornowski auf die Schlussakte von Helsinki und dass sich die DDR in seinem Fall nicht dran gehalten hat. Auch kritisiert er den Interzonenhandel zwischen den beiden deutschen Staaten.

Was aber geschah mit Astrid in der Zeit von Juli 1985 bis März 1986? Sie wurde noch öfters krank geschrieben und auch ihre Heilung ist noch immer nicht vollzogen. Ist es nun eine tief gehende Depression wie ihre Ärztin meint oder doch eher der Zweifel am System? Auch frage ich mich in dem ihr gewidmeten Kapitel, ob sie paranoid wird oder nur äußerst wachsam in diesem System geworden ist? Denn die Szene mit dem Foto wirft einige Fragen auf.

In den beiden darauf folgenden Unterkapiteln gibt es wieder eine Rückblende. Beide haben mit der Familie Bacher zu tun und die erste gibt vermutlich auch einen Hinweis auf Astrids späteres Leben und ihre Gedankengänge. 1958 soll Astrid einen General zum Geburtstag gratulieren und wird richtig auf diesen Tag vorbereitet: Wie sie sich verhalten soll; Was sie sagen soll! Himmel, mehr Drill ging wohl nicht und auch ihr Vater hat in diese Richtung gedacht.

Die nächste Rückblende geht weit zurück bis in den Zweiten Weltkrieg ins Jahr 1943. Vater Bacher ist Kommunist und zu den Partisanen übergelaufen in Belorussland. Sehr nüchtern wird die Gefangennahme eines jungen Wehrmachtssoldaten durch die Partisanen berichtet und gerade diese nüchterne Art von Loest macht diese Episode so erschreckend. Von Empathie ist hier nichts zu spüren.
Inwieweit dieses Unterkapitel überhaupt mit der gesamten Handlung um die Nikolaikirche zu tun hat, weiß ich noch nicht. Vielleicht wollte Loest dem Leser auch nur Vater Bachers Vergangenheit näher bringen.

Und hier geht es zu den vorherigen Einträgen:

Nikolaikirche #1
Nikolaikirche #2

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