Kate Atkinson – Die Unvollendete

C_Atkinson_Die UnvollendeteKlappentext von der Verlagsseite:

Was wäre, wenn man sein Leben wieder und wieder leben könnte, bis man schließlich alles perfekt gemacht hätte? Wäre man dann ein glücklicher Mensch? Ursula Todd ist eine für ihre Zeit ganz besondere Frau: unabhängig, modern, realistisch. Mit Humor begegnet sie nicht nur ihrer skurrilen Familie, sondern auch den seltsamen Ereignissen in ihrem Leben. Wie jeder erlebt sie Situationen, in denen sie sich fragt: Was wäre, wenn? Was wäre geschehen, wenn sich ihre Teenagerliebe erfüllt hätte? Was wäre geschehen, wenn sie studiert hätte? Oder was wäre aus ihr geworden, wenn sie nicht in England, sondern in einem anderen Land aufgewachsen wäre? Wäre ihr Leben schrecklicher oder besser verlaufen? Doch anders als anderen Menschen bleibt es für Ursula nicht bei diesen Fragen. Ihr ist es gegeben, ihr Leben immer wieder zu korrigieren und damit jeden Fehler zu beseitigen. Dennoch erlebt sie Verlust, Verrat, Krieg und Tod. Was also soll diese Gabe? Ist es überhaupt möglich, sein Leben fehlerlos zu leben?

Autoreninfo von der Verlagsseite:

Kate Atkinson, 1951 geboren, studierte Literaturgeschichte in Dundee. Neben ihrer Arbeit in der Sozialbetreuung und als Teilzeitlehrerin begann sie zu schreiben. 1996 erhielt sie für ihren Roman “Familienalbum” den angesehenen Whitbread First Novel Award. Es folgten die Romane “Ein Sommernachtsspiel”, “Die Ebene der schrägen Gefühle”, “Die vierte Schwester”, “Liebesdienste” und “Lebenslügen” sowie ein Band mit Erzählungen (“Nicht das Ende der Welt”). Kate Atkinson lebt in Edinburgh.

Erster Satz:
Ein Mief aus Tabakrauch und feuchtkalter Luft schlug ihr entgegen, als sie das Café betrat.

Inhalt:

Ursula Todd wird an einem kalten Dezembertag des Jahres 1910 geboren und stirbt kurz nach der Geburt. Dieses Ereignis wiederholt sich viele Male und bei einem kommt der Arzt noch rechtzeitig und Ursula überlebt. Aufwachsen tut dieses besondere Mädchen mit mehreren Geschwistern mit ihren Eltern auf einen Gut in England des 20. Jahrhunderts. Im Laufe der Geschichte begleitet man Ursula durch ihre Jugend bis hin zu ihrem 67. Lebensjahr. Und immer wieder steht sie im Laufe ihres Lebens an einen Scheideweg und wie wird sie sich entscheiden?

Aufbau:

Die Hardcoverausgabe umfasst 585 Seiten und ist in 12 Teile aufgeteilt, die jeweils noch einige Unterkapitel erhalten. Die Teile und Unterkapitel sind unterschiedlich lang, mal nur wenige Seiten, dann wieder ausufernd. Ein jeder Teil hat eine eigene Überschrift und den jeweiligen Unterkapiteln ist das Datum der Handlung zugeordnet. Teile der einzelnen Kapitel wiederholen sich später noch einmal. Am Ende des Buches gibt es noch eine Danksagung der Autorin.

Meinung:

“Was wäre, wenn” – das fragt sich doch jeder einmal und wünscht sich unter Umständen auch einen anderen Weg eingeschlagen zu sein. Ursula Todd, Kate Atkinsons Protagonisten in “Die Unvollendete”, erlebt diese Möglichkeit immer wieder. Stirbt sie in einer Situation, sei es im Krieg oder bei einem Kuss, kommt sie immer wieder zum Ausgangspunkt der Szene zurück und kann einen anderen Weg einschlagen um nicht zu sterben.
Mit diesem Kunstgriff, der sich durch das gesamte Buch zieht, erfährt der Leser viel vom Leben der Ursula Todd und der Geschichte des vergangenen 20. Jahrhunderts. Man begleitet Ursula durch den Ersten Weltkrieg, erlebt mit wie sie einen Tag nach ihrem sechzehnten Geburtstag vergewaltigt wird und auch wie sie Hitler begegnet. Zu jedem dieser Zeitpunkt spielt die “Was wäre, wenn”-Frage mit und Ursula kann ihren jeweiligen Lebensabschnitt noch mal und noch mal erleben, bis sie auch diesem heil überstanden hat.
“Die Unvollendete” besticht durch ihre Protagonistin, mit der man von der ersten Zeile an mitleidet: Wird sie es nun richtig machen? Wird sie glücklich? Kommt sie heil daraus? Oder geht es doch wieder anders aus. Jedes Mal wenn es nicht gut endet, leidet man als Leser und fragt sich, wird sie es beim nächsten Mal besser machen?
Gerade auch Kate Atkinsons Stil mit wenigen Zeilen eine ganze Beziehung, eine ganze Situation darzustellen und zu erfassen, macht dieses Buch so lesenswert. Auch, wenn man durch den Schreibstil schnell in die Handlung eintaucht und mit Ursula das ländlich England der 20er und 30er Jahre erkundet, oder mit ihr während des Zweiten Weltkriegs in London oder in Deutschland auf dem Obersalzberg oder in Berlin, immer hält man als Leser inne und denkt über Ursulas Situation nach. Es ist kein Buch zum einfach durch lesen, denn immer wieder bleibt man hängen und fragt sich hätte man selbst auch so reagiert.
Man hofft und bangt mit ihr, aber auch mit den Nebencharakteren, die einen im Laufe der Handlung immer mehr ans Herz wachsen und allzu oft hofft man, dass ihnen auch das Glück beschieden ist ihr Leben noch einmal zu leben.
Ein Buch über das Leben, Liebe, Familie und die Frage nach dem “Was wäre, wenn” hat Kate Atkinson mit “Die Unvollendete” geschaffen, das man nicht so leicht vergisst und in guter Erinnerung behält.

Fazit

Ein wundervolles tiefgreifendes Buch über ein Leben, das niemals perfekt ist.

Buchinfo:
Kate Atkinson – Die Unvollendete (Life after Life)
Hardcover 592 Seiten
Droemer Knaur 2013
ISBN-13: 978-3-426-19981-7
Preis: 19,99  €

Bewertung:

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Christiane Lind – Das Haus auf der Blumeninsel

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Das Haus auf der Blumeninsel von Christiane Lind

Klappentext von der Verlagsseite:

Lauras Ehemann Fabian ist vor sechs Monaten tödlich verunglückt. Als die Tickets für eine gemeinsam geplante Australienreise eintreffen, reißen die Wunden wieder auf. Hals über Kopf flieht Laura nach Madeira in das Haus am Leuchtturm, das ihrer Großtante gehört. Hier hofft sie, Frieden zu finden, um in Ruhe um Fabian trauern zu können. Doch dann fällt ihr ein Buch in die Hände, in das ihre Vorfahrin die faszinierenden Blumen der Insel gezeichnet hat, und sie verfällt wie sie dem Zauber Madeiras.

Autoreninfo von der Verlagsseite:

Christiane Lind hat in Sozialwissenschaften promoviert und neben zahlreichen Kurzgeschichten einen historischen Roman und ein Jugendbuch veröffentlicht. Reisen ist ihre große Leidenschaft, die sie nach Cornwall und auf die Blumeninsel Madeira führte. Sie war sofort fasziniert von der Farbenpracht und Atmosphäre der Insel und hat sich davon für ihren Roman inspirieren lassen. .

Erster Satz:
Die blauen Stunden.

Inhalt:

Christiane Lind erzählt die Lebensgeschichte von drei Frauengenerationen, die nicht immer glücklich ist.

Zum einen ist da Laura, die nach dem Tod ihres Mannes nach Madeira reist um zu vergessen. Bei einen ihren Streifzügen findet sie ein kleines Kätzchen und begibt sich in Gefahr, dadurch trifft sie auf Matthew und findet ein kleines Kistchen in einer Felsspalte.
Was hat es mit den Briefen in dem Metallkistchen auf sich, sind es die Briefe der Blumenmalerin, in deren Haus sie gerade lebt und die sie sie sehr verehrt?
Dann gibt es noch Grace, Lauras Großtante, die urplötzlich wie aus dem Nichts in Madeira auftaucht und auch eine Zeit im Haus der Blumenmalerin auf andere Gedanken kommen möchte. Gemeinsam machen sie sich Gedanken darüber, was es mit den Briefen der Blumenmalerin auf sich hat und wie ihr Leben weiterging.

Aufbau:

Taschenbuch mit 45 Kapiteln, Epilog, Anhang, Literaturhinweise und Blühkalender Madeira.

Meinung:

Das Cover ist bereits ein Highlight des Buches. Ganz in warmen Farben gehalten und mit einem schönen Haus und einer Strelitzie ist es ein direkter Eye-Catcher.

Zu Beginn begleitet man Amelia in ihrem Haus auf der Blumeninsel Madeira. Sie sitzt am Fenster hochschwanger und wartet ängstlich auf den Besuch ihrer Stiefmutter und ihrer Stiefschwester. Sie schreibt einen Brief an ihre ungeborene Tochter. Bereits auf den wenigen Seiten zu Beginn merkt man die Spannung und die Furcht bei Amelia, aber auch die Sehnsucht nach ihrem Baby. Schon jetzt habe ich mich gefragt, was nur passiert sein muss, dass Amelia so ängstlich, aber auch so kämpferisch ist. Denn ihre Stiefschwester Bethany, auf die ich gleich noch eingehen werde, macht ihr das Leben schwer und zum großen Leid verlieben sie sich auch noch in denselben Mann: Zachary. In den weiteren Kapiteln wird die Unterschiedlichkeit der Schwestern  dann nur klarer und mir ging es oft so, dass ich Lady Norah oder Bethany mal kräftig die Meinung sagen wollte. Aber nun ja, dies ging ja leider nun mal nicht.

So sind wir nun bei zwei weiteren Charakteren des Buches, denn an einem mangelt es diesem Buch bestimmt nicht, an den Protagonisten. Zunächst hatte ich Schwierigkeiten die ganzen Personen auseinander zu halten und habe mir dafür dann einen Stammbaum erstellt. Aber mit fortschreitender Lektüre wurde es immer besser. Aber nun zu Lady Norah und Bethany. Mit beiden konnte ich nicht viel anfangen, zum einen weil sie wirklich schwierige und unzugängliche Charaktere sind. Sie sind sehr snobistisch und hängen ihrem Standesdünkel nach. Vor allem Bethany zeichnet sich noch durch eine bösartige Weise aus, die ihres gleichen sucht. Lady Norah hingegen versucht nur den Landsitz Trystian Manor zu retten und lässt dadurch ihrer Tochter Bethany alles durchgehen. Was wünschte ich mir, wenn man ihr mal die Meinung deutlich gesagt hätte, aber weder ihre Mutter Lady Norah noch ihr Vater Lord Percy waren dazu in der Lage. Denn so macht sie auch im Weiteren das Leben ihrer Tochter Emma und ihrer Enkelin Grace zur Hölle auf Erden.

Den Personen aus der Vergangenheit stehen Protagonisten aus der Gegenwart gegenüber. Zum einen Laura, die ihren Mann verloren hat und nun auf Madeira ihr Leben wieder auf die Reihe bekommen will. Zu Beginn begeistert sie mich eher durch ihre Neugier um die Briefe als von ihrem Charakter her, sie trauert und fragt sich immer wieder, was sie hätte anders machen können. Erst im Laufe des Buches wandelt sie sich und erkennt ihre Fehler der Vergangenheit. Und nun komme ich zu meinem zweiten Lieblingscharakter des Buches, der erste war ja Amelia, Grace. Lauras Großtante kommt nach Madeira um über das Schicksal von Trystian Manor sowie über ihre Gefühle für einen jüngeren Mann nachzudenken. Sie ist einfach nur lieb und hinreißend, ein wirklich positiver Charakter, bei all den anderen. Vor allem, wenn man ihre Geschichte erfährt, ist sie einem noch sympathischer.
Diesen vielen Protagonisten, ausschließlich Frauen, schließen sich noch eine Reihe von Nebencharakteren an. Die dem gesamten Rahmen ein rundes Bild geben. Sie sind zu einem gut und zu einem hinterhältig. Aber gerade diese runden die Familiengeschichte ab.

Neben den vielen Charakteren zeichnet sich das Buch durch seine Komplexität aus. Es gibt viele Zeitsprünge und Ortssprünge, die einem beim Lesen immer wieder innehalten lassen und zum Hinterfragen anregen. Wie war dies noch? Was ist bis jetzt geschehen? Wie konnte es dazu kommen? Gekennzeichnet werden diese Sprünge durch Orts- und Zeitangabe unterhalb der Kapitelzahl. So konnte ich dies immer gut nachvollziehen. Aber das Buch ist in keinsterweise chronologisch aufgebaut, immer wieder springt man von den 20er Jahren auf Madeira ins Madeira von 2013 oder man landet auf Trystian Manor in den 30er oder 50er Jahren.
Hinzu kommen noch die Briefe, die in kursiver Schrift gehalten, immer wieder einen Rückblick zu der schreibenden Protagonistin gibt.

All dies macht das Buch, zu einem hinreißenden Buch über eine komplexe Familiengeschichte mit authentischen Charakteren und schönen Landschaften. Nur ein kleines Manko habe ich und dies liegt an den Auftreten eines Charakters, der hätte einfach nicht auch noch sein müssen, denn für mich gab es trotzt all des Muts, Liebe und Vertrauen, auch schon genug Leid und Missgunst bis zu diesem Zeitpunkt. Aber trotzdem hat dies mir mein Lesevergnügen nicht ganz so sehr geschmälert.

Fazit

Authentische Charaktere, eine komplexe Familiengeschichte über mehrere Generationen mit Freud und Leid machen das Buch zu einem Lesehighlight.

Bibliografische Angaben
Autor: Lind, Christiane Übersetzer:Titel: Das Haus auf der Blumeninsel Originaltitel:Reihe: Band:Seiten: 432 ISBN: 978-3-7466-3271-1 Preis: 12,99 € (Paperback) Erschienen: 14.11.2016 bei Knaur
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Marianne Fredriksson – Hannas Töchter

Klappentext:
Anna, Hanna und Johanna – drei Frauen, drei Generationen, eine Familie. “Hannas Töchter” ist die sensibel und zugleich kraftvoll erzählte Lebensgeschichte von drei Frauen, die die Entwicklung der schwedischen Gesellschaft über zwei Jahrhunderte atemberaubend und einfühlsam nachvollziehen lässt. Marianne Fredriksson hat ein warmherziges und außergewöhnliches Buch über die Liebe in Zeiten des Umbruchs geschrieben.

Inhalt:
Als Anna ihre fast 90jährige Mutter Johanna im Pflegeheim besucht, ist sie nicht mehr ansprechbar. Anna ist wütend und traurig zugleich, denn sie hätte noch so viele Fragen zu stellen über das Leben von ihr und ihrer Großmutter Johanna. Vor allem, wie das Leben vor hundert Jahren war, als Johanna mit ihrem Sohn Ragnar den Müller Broman heiratete und wie ihre Mutter (Johanna) sich gefühlt hat als der Vater starb. Aber auch wieso sie sich nie gegen ihr Hausfrauendasein auflehnte? Anna begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit ihrer Familie. Durch Aufzeichnungen erkennt sie das beschwerliche Leben ihrer Ahninnen und auch ihre Schwierigkeiten. Sie hinterfragt, ihr eigenes Verhältnis zu Männern und auch die Mutter-Tochter-Beziehung.

Meinung:
Ich habe das Buch vor einiger Zeit gelesen, als ich mich für den Wandel der Frauenrolle interessierte. Marianne Fredriksson gelingt es die drei Lebenslinien von Hanna, Johanna und Anna darzustellen. Jeweils eine andere Zeit, andere Hintergründe, Werte und Normen. Ein sehr schönes Buch, dass mich mal betroffen, wütend und traurig gemacht hat. Besonders gelungen fand ich, dass es nicht chronologisch aufgebaut ist, sondern immer von Anna aus einen Rückblick auf Hanna und Johanna gibt. Die Mutter-Tochter-Beziehung ist auch heute noch aktuell, denn wie oft wundern sich Mütter bzw. Töchter über die Einstellung der anderen.

Buchinfo:
Marianne Fredriksson: Hannas Töchter
Taschenbuch 381 Seiten
Fischer 1999
ISBN-13: 978-3596144860

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Erich Kästner – Als ich ein kleiner Junge war

Klappentext:
„Die Monate haben es eilig. Die Jahre haben es eiliger. Und die Jahrzehnte haben es am eiligsten. Nur die Erinnerungen haben Geduld mit uns. Besonders dann, wenn wir mit ihnen Geduld haben“, schreibt Erich Kästner in seinem Nachwort zu seinen Kindheitserinnerungen >Als ich ein kleiner Junge war<. Der gebürtige Dresdner erzählt von den Jahren 1907 bis 1914 in seiner Heimatstadt, aber auch sehr anschaulich von der Kindheit seiner Eltern und Großeltern. Er beschreibt das Alltagsleben seiner Familie, die gesellschaftlichen Zwänge und Konventionen, das Treiben auf den Straßen und Plätzen Dresdens. Besonders liebevoll erinnert sich Erich Kästner an seine Mutter, der er mit diesem Buch ein Denkmal setzt.

Inhalt:
Erich Kästner erzählt in “Als ich ein kleiner Junge war” die Geschichte seiner Familie. Wie er selber sagt, beginnt er mit der Familiengeschichte seiner Eltern. Sein Vater Emil stammt aus einer Handwerksfamilie und die Eltern seiner Mutter Ida führten eine Schmiede und einen Pferdehandel. Das erzählen der Familiengeschichten seiner Eltern stellt die Verbindung zu seinem eigenen Leben dar, denn immer wieder kommt es zu Begebenheiten mit seinen Onkeln, die Pferdehändler, geworden sind. 1899 nach siebenjähriger Ehe wird Erich Kästner in Dresden geboren. In den folgenden Kapiteln erzählt er dann über sein tägliches Leben, das Bemühen des Vaters und der Mutter, die kleine Familie über Wasser zu halten, was zunehmend schwierig wird. Aufgrund dessen vermieten sie ein Zimmer an einen Lehrer und dies ist Erichs erste Begegnung mit einem Lehrer und es werden noch weitere folgen. Die Lehrer prägen ihn schon bevor er selber in die Schule kommt und lesen und schreiben lernt und schon zu diesem Zeitpunkt steht sein Berufswunsch fest: er möchte Lehrer werden. Und da Erich, das einzige Kind von Emil und Ida Kästner ist, soll dieser Wunsch ihm auch erfüllt werden. So bekommt er Klavierunterricht und um diesen und auch das Lehrerseminar bezahlen zu können macht Ida Kästner eine Ausbildung zur Friseuse. Mit dieser Ausbildung und dem ausüben des Berufs kommt zwar auch Geld in die Familie, aber die Gesundheit von Ida wird stark angegriffen, immer stärker werden ihre Depressionen und auch die Angst von Erich, dass seine Mutter irgendwann zusammenklappt. Ein weiterer Teil seiner Kindheitserinnerungen nimmt sein Onkel Franz ein, der vom Metzgerhandwerk zum Pferdehandelt wechselt und Millionär wird. Aber auch da erkennt Erich, dass Franz und seine Familie nicht glücklich sind, denn alles Geld macht noch keine Familie aus. Vor allem auch deswegen, das Franz wie ein Patriarch über die Familie herrscht und seine Frau und Tochter an der kurzen Leine hält. Immer wieder kommt Erich Kästner in seinen Kindheitserinnerungen auf seine Mutter zu sprechen, die er innig liebt, er erzählt von den Wanderungen, die er mit seiner Mutter unternimmt und auch von seinen Ängsten vor dem Heiligabend, wenn sowohl seine Mutter als auch sein Vater mit ihrem Geschenken vor dem Baum stehen und beobachten, über welches Geschenk er sich mehr freut. Für Erich ist dies immer eine schwierige Zeit gewesen, da er weder den einen noch den anderen verletzen wollte und darum versuchte beiden gerecht zu werden. Erich Kästners Kindheitserinnerungen enden mit dem Beginn des 1. Weltkriegs.

“Der Weltkrieg hatte begonnen und meine Kindheit war zu Ende.”

Meinung:
Erich Kästner erzählt mit viel Humor und auch mit Melancholie seine Kindheitserinnerungen. Eine sehr große Rolle in seinem Leben hat seine Mutter gespielt, wie man in diesem Buch merkt. Im Grunde genommen ist es eine Hommage an seine Mutter.
Er hält sich nicht chronologisch an seine Kindheit, sondern macht auch immer wieder Sprünge, bei denen er dann auch schreibt, das sie eigentlich nicht dahin gehören. Er berichtet nicht nur, sondern kommentiert auch das Verhalten seiner Familienangehörigen, sei es Onkel Franz und Tante Lina, Cousine Dora oder seine Freunde aus Kindertagen. Er beschreibt sie in ihrer Persönlichkeit so, dass man sie sich vorstellen kann. Durch seinen Schreibstil gelingt es ihm den Leser in das beginnende 20. Jahrhundert hinein zu ziehen. Man erfährt viel über das Familienleben, Schule und dem damaligen Dresden.
Ein Buch für alle, die mehr über Erich Kästners Kindheit erfahren wollen.

Buchinfo:
Erich Kästner: Als ich ein kleiner Junge war
Taschenbuch  208 Seiten
dtv 2009 13. Aufl.
ISBN-13:978-3423130868

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