[Buchbesprechung] Margaret Atwood – Oryx und Crake

Oryxundcrake

Klappentext von der Verlagsseite:

Crake und Jimmy sind Freunde, und sie lieben dieselbe Frau: die rätselhafte Oryx. Sie leben in einer ständig von Klimakatastrophen bedrohten Welt in einer gar nicht so fernen Zukunft. Crake, ein Genie genetischer Manipulation, ist Wissenschaftler und arbeitet an der Entwicklung neuer Medikamente, die die Menschen gegen Epidemien im Gefolge der Umweltkatastrophen immunisieren sollen, aber er verfolgt darüber hinaus ganz eigene Pläne.

Autoreninfo von der Verlagsseite:

Margaret Atwood, geboren 1939 in Ottawa, gehört zu den bedeutendsten Erzählerinnen unserer Zeit. Ihr »Report der Magd« wurde zum Kultbuch einer ganzen Generation. Bis heute stellt sie immer wieder ihr waches politisches Gespür unter Beweis, ihre Hellhörigkeit für gefährliche Entwicklungen und Strömungen. Sie wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem renommierten Man Booker Prize und dem Nelly-Sachs-Preis. Margaret Atwood lebt in Toronto.

Erster Satz:

Schneemensch, erwacht vor Tagesanbruch.

Aufbau:

“Oryx und Crake” der erste Teil der Madd-Addam-Trilogie umfasst 15 Kapitel mit 53 Unterkapiteln, die alle benannt sind. Insgesamt hat “Oryx und Crake” 384 Seiten.

Inhalt:

Die Erde, wie wir sie kennen, existiert nicht mehr. Wir haben sie zerstört und der letzte Mensch auf Erden ist Schneemensch, ehemals Jimmy, hat die Zerstörung der Erde überlebt. Bei ihm ist eine Gruppe Craker, für die er sich verantwortlich fühlt, denn sie sind von Crake geschaffene Wesen, die nun auf der Erde leben sollen. Und er kannte Crake, der für dies alles verantwortlich ist und auch Oryx, die die Craker als ihrer Lehrerin und Beschützerin ansehen.

Meinung:

“Oryx und Crake” benannt nach einer Antilope und einer Rothalsralle ist ein düsterer und bedrückender Roman, aber auch unheimlich gut geschrieben. Margaret Atwood hat eine Welt erschaffen, die grauenvoller und düsterer nicht sein könnte. Nichts von unseren technischen und gesellschaftlichen Errungenschaften existiert mehr, denn wir haben es vernichtet.

Düster wahrlich, aber auch sehr kritisch beschreibt Margaret Atwood unsere Welt, die sie durch Rückblicke von Schneemensch uns deutlich macht. Eine hochtechnologisierte Welt, die sich abschottet in Bereiche, in die anderen keinen Zutritt haben, extremer Wohlstand auf der einen Seite und Armut auf der anderen Seite, Kriminalität bis ins äußerste und Wirtschaftsunternehmen, die immer nach nur mehr Gewinn streben. Wenn man es genauer betrachtet, sehr realistisch und nah an unserer heutigen Zeit.

Wo mich sonst Rückblenden stören, finde ich sie hier erhellend und einleuchtend. Man erkennt den ganzen Wahnsinn nach und nach, deutlicher wird dies nur noch durch die zynische bzw. sarkastische Erzählweise Schneemenschs. Margaret Atwood hält uns deutlich den Spiegel vor und schafft mit “Oryx und Crake” eine Medien-, Wissenschafts- und Gesellschaftskritik, die mehr als gut gelungen ist. Denn geht es heute nicht immer um mehr und noch mehr, nimmt die Gier in der Gesellschaft nicht immer mehr zu?

Neben dieser kritischen Herangehensweise an unsere Welt hat mich noch mehr die Charakterisierung der handelnden Personen begeistert und ihre Motive.
Schneemensch oder auch Jimmy genannt ist zynisch, aber auch sehr einfach gestrickt und denkt nicht viel über die Welt nach, er will eigentlich nur sein Leben leben.
Wäre da nicht Crake, sein Freund aus Schultagen, der sehr intelligent ist und sieht wie die Welt aus den Fugen gerät. Und genau diese Welt durch die Craker ersetzen will, nur dann könnten Flora und Fauna weiter existieren. Denn sie würden nicht so mit ihr umgehen.
Zu guter Letzt noch Oryx, die aus der Welt jenseits der gesicherten Gebiete stammt – den Plebsland – sie ist vielschichtiger in ihrem Charakter als Crake und Schneemensch. Sie ist der emotionale Part des dystopischen Romans von Margaret Atwood, wobei Crake die Kälte darstellt und Schneemensch die Gleichgültigkeit.

Ein weiteres Plus des Romans ist die Sprache. Sie ist einfach gehalten und “Oryx und Crake” lässt sich trotz der Thematik leicht und flüssig lesen. Bis zum Ende hin hat mich das Buch gepackt, denn die sich stetig verknüpfenden Handlungsstränge haben mich auch emotional gepackt.

“Oryx und Crake” ist mehr als nur ein dystopischer Roman, er spielt mit den Gegensätzen und hat mich auf eine Achterbahnfahrt an Emotionen mitgenommen. Manches machte mich nachdenklich, manches erkannte ich wieder, bei anderen Dingen dachte ich nur, kann dies wirklich passieren, dann gab es wieder Momente des Humor und der Entspannung ehe es wieder heftiger und kritischer wurde.

Worauf ich mich einließ, konnte ich schon an  den beiden vorangestellten Zitaten aus “Gullivers Reisen” von Jonathan Swift und “Der Leuchtturm” von Virginia Woolf erkennen. Mit beiden gibt sie den Hinweise auf ihr Buch. Darauf, dass sie “reine Tatsachen in schlichtester Art und Weise und einfachsten Stil zu erzählen” vermag und auch dass, man nicht einfach “auswendig lernen [kann], wie es in der Welt zuging” . Beide Zitate passen genau zum Buch. Eines zum Erzählstil und das andere eindeutig zur Handlung und unserer Welt.

Fazit

“Oryx und Crake” ist anders als andere Dystopien, realitätsnaher, wissenschaftlicher und hat mich restlos überzeugt, so dass ich es gutes Gewissens weiter empfehlen kann. Absolut Lesenswert!

Buchinfo:
Margaret Atwood – Oryx und Crake
Taschenbuch 384 Seiten
Berlin Verlag  2014
ISBN-13: 978-3-8333-0963-2
Preis: 10,99 €

Bewertung:

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Aktion – Gemeinsam Lesen #72

gemeinsam_lesenDienstag und es ist damit Zeit für Asaviels Aktion “Gemeinsam Lesen” .

1. Welches Buch liest du gerade und auf welcher Seite bist du?

Ich lese im  Moment “Oryx und Crake” von Margaret Atwood und bin auf Seite 131 angekommen.

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2. Wie lautet der erste Satz auf deiner aktuellen Seite?

“Das ist die traurige Wahrheit.”

3. Was willst du unbedingt aktuell zu deinem Buch loswerden? (Gedanken dazu, Gefühle, ein Zitat, was immer du willst!)

“Oryx und Crake” ist nicht meine erste Dystopie, aber für mich bisher die beste. Von Margaret Atwood habe ich bereits “Alias Grace” gelesen und war begeistert. Die Frau hat ein unheimliches Genre-Spektrum vom historischen Kriminalroman über Erzählungen bis hin zu Dystopien. Da kann man nur sagen, wow. Faszinieren tut mich an Oryx und Crake nicht nur der Schreibstil, der sehr klar und einfach gehalten ist, sondern auch die dystopische Welt, die Atwood erschaffen hat. Wir sind nach der Apokalypse und die Menschen existieren nicht mehr, sondern nur noch Craker und Tiere. Bereits auf den ersten 100 Seiten hat Atwood einiges an gesellschaftlicher Kritik versteckt, sei es Religions-, Medien- als auch Gesellschaftskritik. Wirklich gekonnt.

4. Wie heißt dein/e Protagonist/in (Hauptcharakter) in deinem aktuellen Buch. Nenne ruhig mehrere, wenn es mehrere sind. Sind die Namen der Charaktere im Buch für dich wichtig? Kann ein Buch durch blöde/schlechte Namen schlecht werden?

Der erzählende Charakter hier ist “Schneemensch”, was für ein Name. Aber er hat auch eine Bedeutung, da er der letzte Mensch ist auf der in Atwoods Dystopie  existierenden Welt. Dann gibt es in Rückblenden noch Crake und Oryx.
In wie weit die Namen für mich wichtig sind bei Atwood ist, dass sie alle eine Bedeutung haben, meistens aus der Tierwelt. Crake ist eine australische Rothalsralle und Oryx eine afrikanische Antilopenart.Und tja Schneemensch ist nichts anderes als ein Yeti, und damit ein Fabelwesen des Himalayas.  Daher finde ich die Namen auch nicht blöd, sicher wäre es keine Dystopie, wären die Namen zumindest ungewöhnlich, aber so passen sie einfach.

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